Fernreisen und Klimawandel – unser Dilemma

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Lange ist hier auf dem Blog kein Artikel mehr erschienen. Dies hat mehrere Gründe. Einer davon ist, dass ich mir ernsthaft überlegt habe, ob ich es noch verantworten kann diesen Blog über unsere Fernreisen weiterzuführen. Warum und zu welchem Entschluss ich kam, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Reisen ist unsere grösste Leidenschaft. In Reisen haben wir bisher einen Grossteil unserer ungebundenen Energie gesteckt und es gibt keine Momente in unserem Leben in denen wir glücklicher sind als auf Reisen.

Dann kam die Pandemie und hat uns (wie so viele andere auch) ausgebremst. Wir haben wie immer das Beste daraus gemacht und die nähere Umgebung erkundet. Natürlich ebenso sehenswert, nur wollten wir uns das eigentlich fürs Alter aufsparen ;-).

Während dieser Zeit habe ich mich viel mit alternativen Reiseformen wie zum Beispiel Vanlife auseinandergesetzt. Über diesen Trend kam ich unweigerlich zum Thema Minimalismus und damit über kurz oder lang zum Stichwort Nachhaltigkeit. Ich begann ein Buch nach dem anderen über das Thema Nachhaltigkeit und Klimawandel zu verschlingen und je mehr ich las, desto bewusster wurde mir, dass uns nicht mehr viel Zeit bleibt um das Blatt noch zu wenden und unseren Planeten und damit unsere Zukunft zu retten.

Natürlich wusste ich schon vorher, dass es den Klimawandel gibt und dass dies ein Thema ist, welches man ernst nehmen muss. Aber wie dringend und erschreckend schnell sich die Ereignisse entwickeln, wenn wir an unserem Verhalten nicht schleunigst etwas ändern, war mir bisher irgendwie nicht vollends bewusst (oder ich habe es erfolgreich verdrängt…).

Ich beschloss schonungslos ehrlich mit mir selbst zu sein und daraus ergibt sich die Konsequenz, dass Fernreisen (welches ja in der Regel Flugreisen sind) eigentlich nicht mehr mit einem nachhaltigen Lebensstil zu vereinbaren sind. Ich esse jetzt zwar seit ein paar Monaten kein Fleisch mehr und versuche auch sonst in vielen Bereichen nachhaltiger zu leben, aber eine einzige Flugreise nach Übersee kann all diese Bemühungen zunichte machen. Wer es genau wissen will, dem empfehle ich den WWF-Klimarechner.

Und zudem betreibe ich hier einen Blog, der eigentlich auch dazu gedacht war anderen Reisenden als Inspiration für ihre (Fern-)Reisen zu dienen.

Also, was tun?

Ich muss zugeben, fast nichts würde mir schwerer fallen, als auf Reisen zu verzichten. Ich bin mir bewusst, dass dies ein absolutes „First-World-Problem“ ist und wir überaus privilegiert sind, überhaupt reisen zu können. Nachvollziehen kann dies wahrscheinlich nur, wer mal selbst vom Reisevirus infiziert wurde. Natürlich könnte man es sich wieder schönreden mit dem Fakt, dass wir ausser unseren Urlaubsflügen keine anderen Flüge machen (müssen), aber wir wollten ja ehrlich gegenüber uns selber bleiben…

Somit sind wir momentan daran für uns vertretbare Reise-Lösungen zu suchen. Über folgende Punkte diskutieren wir momentan:

  • Bei Reisen innerhalb des europäischen Festlandes auf Flugreisen grundsätzlich möglichst verzichten
  • Europäische Städte mit dem Zug oder Bus erreichen
  • Flugreisen sind keine Selbstverständlichkeit, egal wie günstig sie sind, denn der momentane Preis widerspiegelt in keinster Weise die tatsächlich verursachten Kosten eines solchen Fluges! Wenn überhaupt ein Flug, dann für weiter weg und einen längeren Aufenthalt. Lässt sich ein Flug nicht vermeiden, wird er kompensiert z.B. via atmosfair.

Genau mit diesem letzten Punkt: „Flugreisen an Ziele, die nicht anders zu erreichen sind“, hadern wir ehrlicherweise am meisten. Michael kann sich zum Beispiel fast nicht vorstellen, Hawaii (sein „Home away from home“) und damit Josh und Arlene auf Oahu nie mehr zu sehen! Und ich kann das gut verstehen. Wir werden uns mit diesem Dilemma auseinandersetzen müssen!

Und was ist jetzt mit dem Blog?

Soll ich unter diesen Voraussetzungen wirklich weiterhin von unseren Reisen in weit entfernte Länder dieser Erde schwärmen? Oder soll ich ihn vor lauter Flugscham versenken und so tun als wären diese Reisen nicht passiert?

Was geschehen ist, ist geschehen, man kann nur versuchen es in Zukunft besser zu machen. Daher werde ich den Blog in aller Ehrlichkeit weiterführen. Ob meine Entscheidung richtig ist, darüber lässt sich natürlich streiten.

Hier meine Gedanken, welche mich zu diesem (vorläufigen) Entschluss geführt haben:

Ich bin überzeugt, dass erst meine Reisen überhaupt dazu geführt haben, dass ich mich jetzt so intensiv mit dem Thema beschäftige, denn:

  • es ist etwas anderes, Strände und Landstriche voller Müll tatsächlich zu sehen und zu riechen, statt nur davon zu lesen
  • Reisen erweitert generell den Horizont, macht flexibler und zeigt einem auf, dass es auch andere Lebensentwürfe gibt und dass man sich verändernden Wahrheiten anpassen kann (und muss!)
  • und zu guter Letzt: Unser Planet ist so unglaublich schön, dass es einem manchmal fast den Atem verschlägt! Nachdem man diese Welt mit den eigenen Sinnen erLEBT hat, kann man nicht anders als sich um deren Erhalt zu kümmern!

Führt dieser Blog dazu, dass noch ein paar weitere Menschen (wie wir lange Zeit) ohne gross Nachzudenken um die Welt reisen? Das kann ich tatsächlich nicht gänzlich ausschliessen, denke aber, dass die heutige Generation generell sensibler und aufgeklärter dem Thema gegenüber ist und sich mehr Gedanken macht, bevor sie in ein Flugzeug steigt.

Und wenn dieser Blog im Gegenzug auch nur ein paar Leute überzeugen kann, dass es sich lohnt dieses Wunder, dieses Geschenk, unsere einzige Heimat den Planeten Erde zu schützen und zu bewahren, dann hat er sein Ziel erreicht. Ambivalent, ich weiss…

Ich wünsche mir, dass jeder Leser dieses Blogs erkennt wie einmalig schön und wunderbar diese Erde ist! Aber dass dies heutzutage jedoch auch bedeutet, dass jede/r sich ernsthaft Gedanken machen sollte, wie man diese Schönheit bewahren kann. Und dies wird nur mit einem (zum Teil schmerzhaften) Umdenken in vielen Bereichen zu erreichen sein.

Damit dies funktioniert hat in diesem Prozess jedoch weder Scham noch Verurteilung Platz! Wer wird in unserer Gesellschaft meist mehr kritisiert: Wer nichts tut oder wer gut handeln möchte, aber dabei nicht zu 100% konsequent ist? Also mir gibt das zu denken…Ich habe mal irgendwo den Spruch gelesen: „Wir brauchen nicht 100 Menschen, die perfekt ökologisch leben – wir brauchen 1 Milliarde Menschen, die es nicht perfekt machen“. Jeder soll doch dort anfangen, wo er/sie sich engagieren und für eine bessere Welt einsetzen kann! Es gibt viel zu tun, packen wir’s an!

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